Neuer Trend Laktosefrei

Allergien und Unverträglichkeiten von verschiedenen Nahrungsmittelbestandteilen sind heutzutage stark im Steigen. Die meist verbreitetste Nahrungsmittelunver- träglichkeit ist definitiv die Laktoseintoleranz. Deshalb haben wir dieses Phänomen aufgegriffen und möchten aufzeigen, welche Möglichkeiten es gibt, sich dem neuen Trend „laktosefrei“ zu stellen.

Was genau bedeutet Laktoseintoleranz?          

Laktose ist der in der Milch enthaltene Milchzucker. Diese Zuckerart muss im Dünndarm vom Enzym Laktase in die Einfachzucker Galaktose und Glukose gespalten werden, um optimal verdaut werden zu können. Säuglinge haben im Normalfall ausreichend Laktase zur Milchverdauung zur Verfügung. Erst später sinkt die Aktivität der Laktase ab. Beim überwiegenden Anteil der Weltbevölkerung ist nach der natürlichen Entwöhnung von der Muttermilch ein langsamer, mit dem Alter steigender Funktionsverlust der Laktase nachzuweisen. Laktoseintolerant zu sein ist insofern der Normalzustand, da nur etwa ein Drittel der Menschen, aufgrund einer genetischen Mutation, die vor etwa 7500 Jahren durch regelmäßigen Milchverzehr bei uns in Europa entstand, Milchzucker lebenslang verdauen kann.

Mit zunehmendem Alter bzw. in Abhängigkeit von internationaler Region und Kultur, lässt aber bei einigen Menschen die Produktion dieses Enzyms nach, sodass Milchzucker nicht oder nur mehr unvollständig verdaut werden kann. Laktose, die auf diese Weise in die unteren Darmabschnitte gelangt und dort von Bakterien abgebaut wird, verursacht  dort meist Verdauungsprobleme wie Blähungen, Bauchkrämpfe, Übelkeit und Durchfälle. Laktoseintoleranz darf aber nicht mit einer echten Milcheiweißallergie verwechselt werden, bei der es zu einer aktiven Immunreaktion auf das Eiweiß in der Milch kommt.

Schätzungen zufolge sind 75 % der Weltbevölkerung von Laktoseintoleranz betroffen, besonders stark China (fast 100 %), Asien und Afrika. In Gesellschaften, die seit langer Zeit Milchwirtschaft betreiben, wie bei uns in Europa, hat sich eine Mutation durchgesetzt, die dazu führt, dass auch noch im Erwachsenenalter genügend Laktase produziert wird und die Milch problemlos verdaut werden kann. Nichtsdestotrotz haben auch bei uns in Mitteleuropa bereits 15 - 20 % der Erwachsenen einen Mangel an diesem Enzym.

Für Personen mit Laktoseintoleranz steht heute eine Vielzahl von „laktosefreien“ Milchprodukten zur Verfügung. Es sind aber nicht nur die laktoseintoleranten Menschen, die laktosefreie Milchprodukte kaufen: Die letzten Jahre zeigen einen Trend zu „free from“ Produkten, da sich Verbraucher beim Verzicht auf bestimmte Kohlenhydrate oder Proteine gesundheitliche Vorteile erwarten. Aktuell wächst der Markt für laktosefreie Milchprodukte jährlich um etwa 20 Prozent.

Ein positiver Nebeneffekt von laktosefreier Milch ist, dass sie eine deutlich höhere Süße als herkömmliche Milch aufweist. Somit kann man bei der Produktion von Fruchtjoghurt und Fruchtmilch ca. 10 - 15 % Zucker einsparen und das bei einem deutlich geringeren Kaloriengehalt.

Wie sieht es nun konkret aus? Wie viel Laktose enthalten Trinkmilch, Joghurt, Käse & Co?

Der Laktosegehalt von Kuh- und Schafmilch liegt bei ca. 4,5 – 5 %, bei Ziegenmilch liegt der Anteil etwas darunter bei ca. 4 – 4,5 %. Deutlich höher fällt der Wert bei Stutenmilch aus, hier liegt er bei ca. 6 – 6,5 %.

Sauermilchprodukte wie Joghurt, Sauermilch und Buttermilch haben einen etwas geringeren Laktosegehalt als Trinkmilch, da bei der Reifung ein Teil des Milchzuckers bereits in Milchsäure umgewandelt wurde, er liegt aber dennoch meist noch über 3 %. Trotzdem werden diese Milchprodukte von laktoseintoleranten Personen meist besser vertragen, weil die darin enthaltenen Milchsäurebakterien mikrobielle Laktase erzeugen und es beim Verzehr von gesäuerten Milchprodukten zu einer verlängerten Zeit im Darm kommt, in der dann auch mehr Laktose gespalten werden kann. Wird bei der Joghurtherstellung für die bessere Konsistenz des Joghurts Milchpulver zugesetzt, muss allerdings wieder mit einem höheren Anteil an Milchzucker gerechnet werden.

Gereifte Hart- und Schnittkäse, welche unter üblichen Käsungs- und Reifungstechnologien hergestellt wurden, sind laktosefrei bzw. enthalten Laktose nur in geringen Spuren. Auch Weichkäse weist im Allgemeinen einen sehr niedrigen Laktosegehalt (unter 0,1 %) auf. Bei Topfen und Frischkäse liegt dieser Wert zwischen 2 und 4 %.

Gibt es eine allgemeine Regelung bezüglich Laktose-Grenzwert im „Laktosefrei-Sortiment“?

Während eine Allergenkennzeichnungsverordnung auf europäischer Ebene den Risikogruppen durch die verpflichtende Allergenkennzeichnung die Sicherheit gibt, Lebensmittel mit relevanten Allergenen zu erkennen, gibt es bei Unverträglichkeiten keine allgemeine internationale Regelung: Die Definition von „laktosefrei“ korreliert mit einer Restlaktosekonzentration von 0,1 % oder 0,01 %, abhängig von Land und Hersteller aufgrund unterschiedlicher bzw. fehlender nationaler Regelungen. Deshalb kann sich in Österreich jeder Hersteller für den niedrigeren oder höheren Laktose-Grenzwert entscheiden. Dieser ist dann auch am Produkt zu deklarieren bzw. zu kontrollieren.

Wie kann man sich als Milchverarbeiter dem wachsenden Markt an laktosefreien Milchprodukten anpassen?

Um selbst laktosefreie Milch herzustellen braucht man erst einmal das Enzym Laktase* in flüssiger Form, das die Laktose in der Milch spalten kann. Die Verwendung dieses Enzyms ist relativ einfach und lässt sich gut in den Produktionsablauf integrieren.

Der Ablauf in der Produktion von laktosefreier Trinkmilch sieht folgendermaßen aus:

-          Ausgangsprodukt Rohmilch
-          Standardisieren des Fettgehaltes
-          Pasteurisieren/ggf. Homogenisieren
-          Kühlen auf 8 – 10 °C
-          Zugabe von 1 – 2 g Laktase/Liter Milch
-          Reaktionszeit von ca. 24 Stunden abwarten
-          Zweites Pasteurisieren (empfohlen um Keimfreiheit zu
           erhalten und die Laktase zu deaktivieren, ist aber nicht
           zwingend nötig)

Der Prozess der Laktosespaltung kann auch schneller und unter weniger Zugabe von Laktase erfolgen, dabei müsste die Milch aber über mehrere Stunden warm gehalten werden, was hygienetechnisch eher bedenklich ist. Bei ca. 20 – 25 °C wird die Laktose in ca. 16 Stunden, bei 40 °C in ca. 4 Stunden gespalten.

Bei der Joghurtproduktion kann man die Reifungstemperatur im Produktionsprozess nutzen, somit vereinfacht es die Herstellung von laktosefreiem Joghurt.

-          Nach dem Pasteurisieren der Rohmilch kühlen auf
           Reifungstemperatur ca. 40°C
-          Zugabe Laktase
-          Nach 1 Stunde Zugabe der Joghurtkultur
-          Reifung
-          Kühlung und Weiterverarbeitung




Um die Restlaktose in laktosefreien Produkten zu messen, stehen bereits hochentwickelte Biosensoren zur Verfügung, die auch für Kleinanwender geeignet sind. Diese bestehen aus einem Lesegerät und den dazugehörigen Teststreifen (z.B. von der Firma DirectSens). Diese Geräte sind einfach zu bedienen und messen minutenschnell den Restlaktosegehalt der Milch. Da das Messgerät klein und mobil ist, kann es auch von mehreren Milchverarbeitern gemeinsam angeschafft und benutzt werden. Für innovative, bäuerliche Milcherzeuger bietet sich hier eine gute Chance mit dem Trend „laktosefrei“ zu wachsen.

Wir danken der Firma DirectSens und der BAM Rotholz, für die zur Verfügung gestellten Informationen.


* Bei adäquater Kundennachfrage können wir flüssige Laktase in unser Produktsortiment aufnehmen.

03.04.2019